Holzminden (haa). Die Landespolitik zu Besuch bei der DLRG-Ortsgruppe und der Johanniter-Unfall-Hilfe Holzminden: Am vergangenen Mittwoch informierten sich Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens und die Landtagsabgeordnete Sabine Tippelt vor Ort über den Zustand beider Organisationen. Im Mittelpunkt standen Gespräche mit den Ehrenamtlichen über Ausstattung, Herausforderungen und strukturelle Mängel. Behrens betonte, wie wichtig ihr die Förderung ehrenamtlicher Ortsvereine sei.
DLRG Holzminden erhält Gerätewagen Tauchen
„Wir sind dankbar, dass wir heute hier sein dürfen und Sie sich die Zeit für uns nehmen“, begrüßte Behrens die Mitglieder der DLRG-Ortsgruppe. Die Arbeit der Ehrenamtlichen sei laut Tippelt und Behrens von großer gesellschaftlicher Bedeutung, insbesondere in einer Zeit, in der immer weniger Kinder sicher schwimmen können.
Als Reaktion auf diesen wachsenden Bedarf hatte das Innenministerium bereits 2022 eine landesweite Beschaffungsaktion gestartet. Ziel war es, neue Fahrzeuge für den Katastrophenschutz bereitzustellen. Im Rahmen dieser Maßnahme erhielt die Ortsgruppe Holzminden im Juni 2024 einen neuen Gerätewagen Tauchen – im Wert von über 200.000 Euro, wovon das Land Niedersachsen die Hälfte finanzierte.
Realistische Übung auf der Weser beeindruckt Gäste
Mit dem neuen Gerätewagen ist die DLRG Holzminden nun wesentlich besser auf Wasserrettungseinsätze vorbereitet. „Ohne die Förderung hätten wir uns das nicht leisten können – das entspricht rund fünf Jahresbudgets“, erklärte Holger Lüders, Vorsitzender der Ortsgruppe. Die feierliche Indienststellung des neuen Fahrzeugs fand bereits im vergangenen Jahr am Bootshaus am Stahler Ufer statt – damals ohne Ministerin Behrens, die ihren Besuch nun nachholte, um sich vor Ort ein Bild vom konkreten Einsatz der Landesmittel zu machen.
Einen praxisnahen Eindruck erhielten Behrens und Tippelt auch bei einer Übung auf der Weser: An Bord des Motorrettungsbootes „Michaelis“ begleiteten sie ein Einsatzszenario. Dabei ließ sich ein DLRG-Mitglied gezielt ins Wasser fallen, um eine realistische Rettungssituation zu simulieren – ein eindrucksvolles Erlebnis.
Moderne Technik für moderne Herausforderungen
Natürlich wurde auch der neue Gerätewagen Tauchen ausführlich vorgestellt. Lüders präsentierte den Innenraum und die moderne Ausstattung des Fahrzeugs. „Wir sind total happy mit dem Wagen“, sagte er begeistert. Denn: Moderne Herausforderungen erfordern moderne Mittel. Die Einsatzbedingungen – insbesondere bei Starkregenereignissen – seien heute deutlich komplexer als früher. Das Weihnachtshochwasser 2023 habe laut Behrens gezeigt, wie wichtig gut ausgestattete Ortgruppen seien.
Nach dem Hochwasser: Wie das Land unterstützen kann
Gleichzeitig werde in solchen Lagen auch deutlich, wo Prozesse vereinfacht, Strukturen verbessert und Abläufe effizienter gestaltet werden müssten.
„Was kann das Land tun, um Hilfsorganisationen wie die DLRG gezielt zu entlasten und besser zu unterstützen?“, so eine der zentralen Fragen, die Behrens beschäftigt.
Schwimmen lernen stärken: Behrens setzt auf Prävention
Sie setzt sich seit Langem für die Förderung der Schwimmfähigkeiten von Kindern ein. In diesem Jahr übernimmt sie die Schirmherrschaft für die Aktion „5.000 Seepferdchen“ in Kooperation mit Antenne Niedersachsen. Bereits 2022 initiierte sie das Programm „Startklar in die Zukunft“, um einem Negativtrend entgegenzuwirken. „Ich sehe zwei Hauptprobleme, die dieser Entwicklung zugrunde liegen“, erklärt Behrens. Zum einen fehle es an qualifiziertem Personal in den Schwimmbädern, zum anderen seien viele Sportstätten in Teilen Niedersachsens in marodem Zustand. Außerdem stünden nicht ausreichend Wasserflächen zur Verfügung.
Kommunalfördergesetz soll Mittel einfacher zugänglich machen
Im Mai kündigte Behrens nun eine Förderung in Höhe von 25 Millionen Euro an. Diese Mittel sind Teil eines Sportstätten-Investitionsprogramms und fließen gezielt in den Bau und die Sanierung von Sportstätten, insbesondere Lehrschwimmbecken, um das Schwimmenlernen von Kindern zu stärken. Nun soll das Kommunalinvestitionspaket der Landesregierung weiter unterstützen. Dabei sollen 400 Millionen Euro direkt an Städte, Gemeinden und Landkreise ausgezahlt werden. Kleine Gemeinden erhalten zudem einen garantierten Sockelbetrag von 200.000 Euro. Darüber hinaus erfolgt die Verteilung nach Einwohnerzahl, um besonders finanzschwache Orte gezielt zu unterstützen. Den Kommunen wird dabei freigestellt, wofür sie das Geld verwenden. Das damit zusammenhängende Niedersächsische Kommunalfördergesetz soll künftig für Bürokratieabbau sorgen. Kommunen können dann Fördermittel ohne detaillierte Verwendungsnachweise und ohne Anwendung der Landeshaushaltsordnung erhalten.
„Das macht es deutlich einfacher, Unterstützung zu erhalten“, sagt Behrens.
Ungleichbehandlung im Katastrophenschutz?
Lüders sprach ein Thema an, das die Ortsgruppe stark beschäftigt: Die Unterstützung von Feuerwehr und DLRG. Während Feuerwehren gesetzlich fest im Katastrophenschutz verankert sind und daher einfacher Zugang zu Fördermitteln haben, wird die DLRG als nicht-pflichtige Organisation häufig nachrangig behandelt. Ein konkretes Beispiel: Viele DLRG-Mitglieder müssen ihre persönliche Schutzausrüstung selbst finanzieren – obwohl diese eigentlich von der Ortsgruppe gestellt werden sollte. Behrens und Tippelt zeigten großes Verständnis für diese Anliegen und ermutigten die Mitglieder, sich bei Problemen künftig direkt an sie zu wenden, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Der DLRG-Landesverband werde weiterhin finanzielle Unterstützung vom Land erhalten, Gespräche würden geführt werden. Dabei werde auch geprüft, inwiefern eine zentrale Datenbank helfen könne, den Ausrüstungsbedarf und die Kapazitäten systematisch zu erfassen.
Johanniter berichten über Engpässe und Herausforderungen
Nach dem aufschlussreichen Besuch bei der DLRG-Ortsgruppe ging es für Behrens und Tippelt weiter zur Johanniter-Unfall-Hilfe Holzminden. „Es ist großartig, dass es Menschen gibt wie Sie“, lobte Behrens die Anwesenden. Auch hier wurde offen über aktuelle Herausforderungen gesprochen – unter anderem mit Dienststellenleiter Sebastian Multhoff. Schwierigkeiten gebe es insbesondere bei der Beschaffung von Medikamenten wie Aspirin und Paracetamol. Auch beim Nachwuchs bestehe spürbarer Handlungsbedarf. Zusätzlich belastet die Schließung des Agaplesion Evangelischen Krankenhauses in Holzminden die Arbeit der Johanniter: Die Einsatzkapazitäten sind seither deutlich belastet.
Gerätewagen Logistik und digitale Lösungen als Zukunftsperspektiven
Die Johanniter-Unfall-Hilfe in Holzminden erhält dieses Jahr noch einen Gerätewagen Logistik – gefördert vom Land Niedersachsen im Rahmen des Ad-hoc-Katastrophenschutzpakets. Eine Vereinfachung durch ein digitales Portal wurde ebenfalls thematisiert. So könnte eine zentrale Plattform, die alle Bereiche der Johanniter vernetzt – Personal, Einsatz, Ausbildung, Kommunikation, Technik, Organisation – eine große Hilfe für die Arbeit sein.
Ein Baustein könnte dann die digitale Fallakte bilden. Sie ist eine Art medizinisches Dokumentationssystem, das wichtige Informationen wie Patienten- und Einsatzdaten enthält. Die digitale Fallakte würde den Johannitern helfen, noch professioneller, schneller und sicherer zu arbeiten. Sie entlastet das Personal und verbessert die medizinische Versorgung durch mehr Transparenz und effizientere Abläufe. „Das ist doch noch ein gemeinsames To-Do“, sagte Behrens mit Blick auf die Überlegung einer flächendeckenden Einführung.
Echte Anerkennung für großes Engagement
Bei beiden Besuchen standen Wertschätzung und Anerkennung im Vordergrund – begleitet von einem offenen, konstruktiven Austausch über aktuelle Herausforderungen. Im ehrlichen Gespräch konnten Politik und Organisationen gleichermaßen voneinander profitieren und neue Impulse mitnehmen. Eine zentrale Erkenntnis brachte Behrens schließlich auf den Punkt: die unverzichtbare Rolle beider Einrichtungen. „Was würden wir nur ohne euch machen?“, war ihre rhetorische Frage – und zugleich Ausdruck echter Dankbarkeit.
Fotos: haa